Im Jahr 2025 jährt sich das Ende des Zweiten Weltkriegs zum 80. Mal. Anlass genug für Deutschland und viele europäische Länder, mit Gedenkveranstaltungen, Bildungsprojekten und kulturellen Programmen an das historische Ereignis zu erinnern. Die Rückschau auf das Kriegsende am 8. Mai 1945 ist dabei mehr als ein Blick in die Vergangenheit – sie ist zugleich eine Mahnung für die Gegenwart und ein Appell an kommende Generationen. Der folgende Artikel gibt einen fundierten Überblick über die wichtigsten Veranstaltungen, politischen Dimensionen und gesellschaftlichen Debatten rund um dieses historische Jubiläum.
Gedenkstunde im Deutschen Bundestag
Eine zentrale Rolle spielte die offizielle Gedenkveranstaltung im Plenarsaal des Deutschen Bundestags am 8. Mai 2025. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier betonte in seiner Rede die Verantwortung Deutschlands für den Zweiten Weltkrieg und appellierte an die Bürgerinnen und Bürger, die freiheitliche Demokratie zu verteidigen. Auch Bundestagspräsidentin Julia Klöckner und Bundeskanzler Friedrich Merz nahmen teil, ebenso wie Vertreterinnen und Vertreter aller demokratischen Parteien.
Der Tenor der Veranstaltung: Erinnerung sei keine Last, sondern eine Verpflichtung. Der Bundespräsident erinnerte daran, dass das Ende des Krieges für Millionen Menschen den Beginn eines neuen Lebens bedeutete, für andere jedoch weiterhin Leid und Heimatverlust mit sich brachte.
Berlin erklärt den 8. Mai zum Feiertag
Die Hauptstadt Berlin setzte ein starkes Zeichen und erklärte den 8. Mai 2025 einmalig zum gesetzlichen Feiertag. Unter dem Motto „… endlich Frieden?!“ wurde eine groß angelegte Themenwoche organisiert, die vom 2. bis 11. Mai über 100 Veranstaltungen umfasste. Dazu zählten Open-Air-Ausstellungen, Konzerte, Lesungen, Diskussionsforen, geführte Touren sowie Theateraufführungen.
Ausstellung auf dem Pariser Platz
Besondere Aufmerksamkeit zog die Open-Air-Ausstellung „… endlich Frieden?!“ auf dem Pariser Platz vor dem Brandenburger Tor auf sich. Thematisiert wurden das Ende des Krieges, der Weg zur Demokratie und die Herausforderungen der unmittelbaren Nachkriegszeit. Auch heutige Bezüge wie Flucht, Vertreibung und der Umgang mit autoritären Systemen wurden aufgegriffen.
Gedenkort Berlin-Karlshorst
Das Museum Berlin-Karlshorst, an dem am 8. Mai 1945 die bedingungslose Kapitulation der Wehrmacht unterzeichnet wurde, bot ein vielfältiges Programm: Eine historische Fahrradtour auf den Spuren des Kriegsendes führte von Tempelhof nach Karlshorst, begleitet von fachkundigen Erläuterungen zur Geschichte der Stadt. Zudem gab es Diskussionsformate zur Bedeutung des 8. Mai im kollektiven Gedächtnis und zur heutigen Rolle von Gedenkorten.
Vielfalt regionaler Gedenkinitiativen
Auch in den Bundesländern wurde dem Kriegsende mit zahlreichen Veranstaltungen gedacht. Nordrhein-Westfalen etwa organisierte eine Reihe von Bildungs- und Gedenkformaten:
- Ökumenischer Friedensgottesdienst im Hohen Dom zu Paderborn
- Historische Stadtführungen in Bottrop mit Fokus auf Widerstand und Zerstörung
- Ausstellung zur Nachkriegszeit in Coesfeld mit Zeitzeugenberichten
In Dortmund lud die Technische Universität zu geführten Spaziergängen ein, die Orte von Verfolgung, Widerstand und Wiederaufbau nach 1945 sichtbar machten. Dabei ging es nicht nur um historische Fakten, sondern auch um deren Wirkung auf das heutige Stadtbild und die kollektive Identität.
Internationale Perspektiven und diplomatische Kontroversen
Das 80. Jubiläum wurde auch zum Schauplatz diplomatischer Spannungen. Die zentrale Gedenkveranstaltung im Bundestag fand ohne Vertreter Russlands und Belarus statt. Diese bewusste Ausladung sollte laut Veranstaltern verhindern, dass die Feierlichkeiten vor dem Hintergrund des Ukraine-Kriegs politisch instrumentalisiert werden. Dennoch nahm der russische Botschafter an einer anderen Gedenkveranstaltung in Torgau teil – allerdings ohne Rederecht.
International wurde dieser Schritt unterschiedlich bewertet. Während viele westliche Staaten Verständnis für die Position Deutschlands zeigten, wurde aus osteuropäischen Ländern Kritik laut, man dürfe historische Rollen im Krieg nicht mit gegenwärtigen politischen Verhältnissen vermischen.
Europäische Bildungs- und Jugendinitiativen
Ein zentrales Anliegen vieler Veranstaltungen war es, jungen Menschen den Zugang zur Geschichte zu erleichtern und sie in die Erinnerungskultur einzubinden. Das Projekt „Youth4Peace“ brachte 80 Jugendliche aus 26 Ländern in Berlin zusammen. Sie setzten sich in Workshops, Kunstprojekten und Diskussionsrunden mit Themen wie Frieden, Krieg, Diskriminierung und Zivilcourage auseinander.
Auch in Österreich wurde mit einem besonderen Jahresthema gearbeitet: „Kriegsende. Befreiung. Neuanfang?“. Das Bildungsnetzwerk ERINNERN:AT organisierte zahlreiche Lehrerfortbildungen, Gedenkveranstaltungen und Lernmaterialien für Schulen. Im Zentrum stand dabei die Frage, wie sich Erinnerungskultur an die heutige Generation vermitteln lässt – und wie daraus aktives demokratisches Handeln entstehen kann.
Neue Perspektiven auf das Gedenken
Eine bemerkenswerte Entwicklung war die stärkere Thematisierung bisher marginalisierter Gruppen. Viele Veranstaltungen rückten das Schicksal von Zwangsarbeitern, Sinti und Roma, queeren Menschen und anderen verfolgten Minderheiten stärker in den Fokus als in früheren Jahren. Dieser Perspektivwechsel zeigt sich unter anderem in der Auswahl von Rednerinnen und Rednern sowie in den Programmen zahlreicher Kulturinstitutionen.
Auch die Rolle von Frauen im Krieg und beim Wiederaufbau wurde vielfach hervorgehoben. In Berlin etwa fanden Lesungen und Ausstellungen über Trümmerfrauen, Widerstandskämpferinnen und jüdische Überlebende statt.
Historische Aufarbeitung und gesellschaftlicher Diskurs
Das Gedenken an das Ende des Zweiten Weltkriegs wird heute nicht mehr nur als historisches Ritual verstanden, sondern als Teil eines fortlaufenden gesellschaftlichen Diskurses über Demokratie, Verantwortung und Frieden. Historikerinnen und Historiker weisen darauf hin, dass Erinnerung nicht statisch ist, sondern sich im Kontext der politischen und gesellschaftlichen Entwicklungen ständig verändert.
„Erinnerung ist nicht nur Rückblick, sondern Haltung“ – so formulierte es ein Redner auf einer Podiumsveranstaltung in Köln.
In diesem Sinne wird die Erinnerungskultur zunehmend als demokratische Praxis verstanden – sie lebt von Beteiligung, Diskussion und dem bewussten Umgang mit Differenz und Vielstimmigkeit.
Tabellarische Übersicht: Schwerpunkte der Gedenkaktivitäten 2025
Ort | Schwerpunkt | Besonderheiten |
---|---|---|
Berlin | Themenwoche, Open-Air-Ausstellungen | Einmaliger Feiertag, über 100 Veranstaltungen |
Karlshorst | Historischer Gedenkort | Fahrradtour, Diskussionsveranstaltung |
NRW | Lokale Gedenkformate | Domgottesdienst, Stadtrundgänge, Ausstellungen |
Österreich | Bildungsinitiativen | Lehrerfortbildungen, Seminar in Mauthausen |
Berlin (Youth4Peace) | Internationale Jugendbegegnung | 26 Länder, interaktive Projekte |
Erinnerung als Verantwortung
80 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs ist die Auseinandersetzung mit Geschichte lebendiger und differenzierter denn je. Die Vielfalt an Gedenkveranstaltungen, Bildungsinitiativen und Diskursformaten zeigt: Erinnerungskultur ist kein abgeschlossenes Kapitel, sondern ein offener, aktiver Prozess. Sie lebt von der Bereitschaft, sich mit der Vergangenheit auseinanderzusetzen – und aus ihr Schlüsse für die Zukunft zu ziehen.
Gerade angesichts aktueller globaler Konflikte, wachsender demokratiefeindlicher Strömungen und zunehmender Desinformation wird deutlich: Das Gedenken an das Ende des Zweiten Weltkriegs bleibt ein zentraler Bestandteil politischer Bildung, gesellschaftlicher Selbstvergewisserung und menschlicher Solidarität.

Jens Müller ist ein Hobby Historiker und engagierter Forscher, der sich auf Kulturgeschichte spezialisiert hat. Mit einem scharfen Blick für historische Zusammenhänge und gesellschaftliche Entwicklungen publiziert er regelmäßig fundierte Artikel. Als Redakteur schreibt er für das Online-Magazin Stefanjacob.de.